Hausgemachte Probleme beim Immobilien-Projekt der Rudloff-Stiftung am Deichhof
Am 17. Oktober 2018 berichtete das Mindener Tageblatt unter dem Titel „Bastau macht am Deichhof Ärger“ über das Bauprojekt „Familienhaus“ der Rudloff-Stiftung am Mindener Deichhof.
Thema des Artikels waren gravierende Probleme mit dem Bau-Untergrund. So gravierend, dass sie den gesamten zeitlichen Ablauf des Projekts über den Haufen werfen und immense Mehrkosten verursachen. Selbst ein vorzeitiges Aus des Projekts wurde nicht ausgeschlossen.
Selbst ein vorzeitiges Aus des Projekts wird nicht ausgeschlossen
Als Quartierplanerin habe ich den Artikel mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen. Denn in den Jahren 2014/2015 hatte ich genau auf diesem Grundstück am Deichhof für eine Wohngruppe ein Mehrgenerationen-Nachbarschaftshaus entwickelt: „Das Mindener Torhaus“. (Die Abbildung oben zeigt eine Skizze des Projekts.)
Das Grundstück befand sich zum damaligen Zeipunkt im Zwischenbesitz der Stadt Minden. Deshalb war der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Minden aufgerufen, über die Vergabe des Grundstücks zu entscheiden. Ein dritter Interessent (ein gewerblicher Wohnimmobilien-Entwickler) hatte seine Bewerbung kurz zuvor zurückgezogen, so dass in der entscheidenden Ausschusssitzung nurmehr das Mindener Torhaus und das Familienhaus der Rudloff-Stiftung um den Zuschlag konkurrierten.
Das von mir entwickelte Torhaus-Konzept griff schon im Namen die Historie des Standorts auf (hier befand sich zu früheren Zeiten eines der Mindener Stadttore) und entwickelte daraus ein architektonisches Narrativ für das neue Gebäudeensemble. Ein Bogen aus der Historie in die Gegenwart. Das Torhaus sollte einen städtebaulichen Impuls ins gesamte Viertel geben und gleichzeitig als Ikone dem Quartier eine Identität verleihen.
Es kam anders: Die Entscheidung fiel zugunsten der Rudloff-Stiftung.
Waren andere Faktoren ausschlaggebend bei der Entscheidung?
Nun gut, die Entscheidungen des zuständigen Ausschusses sind in aller Form zu respektieren. Umso mehr, wenn das siegreiche Projekt besser gedacht war, besser geplant, besser an den Standort angepasst, besser Historie und Gegenwart verband, bessere Wirtschaftlichkeit versprach und bessere Impulse fürs Quartier.
Oder haben womöglich doch ganz andere Faktoren den Ausschlag gegeben bei der entscheidenden Ausschuss-Sitzung?
Spätestens im Artikel des Mindener Tageblatts vom 17. Oktober 2018 offenbart sich, wie lausig sich die Planer mit dem konkreten Standort befasst haben, wie miserabel das Konzept der Rudloff-Stiftung an den Standort angepasst ist.
Im Artikel des Mindener Tageblatts schwingt ein Wehklagen mit: „Dieser böse, böse Standort kostet uns so viel Geld – das konnte niemand ahnen.“ Falsch! Das hätte man ahnen können, wenn man sich ein einziges Mal auf den Hosenboden gesetzt und geschaut hätte, was früher an diesem Ort los war. Im Torhaus-Konzept wurde es ja auch berücksichtigt, aus Weitsicht – und deshalb explizit auf tiefere Ausschachtungen im Untergrund verzichtet.
Wenn jetzt sogar ein vorzeitiges Aus des Rudloff-Projekts im Bereich des Möglichen erscheint, ist das schlichtweg eine Bankrotterklärung der beteiligten Planer. Setzen, sechs!
Debatten, die zu besseren, weil lebenswerteren und wirtschaftlicheren Projekten führen
Deshalb konnte ich gar nicht anders – ich musste mich einfach zu dem Artikel des Mindener Tageblatts äußern: in Form eines Leserbriefs. Der erschien am 23. Oktober 2018 (siehe unten).
Er markiert den Startpunkt für die neue Quartierplaner-Rubrik der „Offenen Briefe“. Denn in Zukunft werde ich mich hier immer mal wieder zu Wort melden zu städtebaulichen und architektonischen Projekten – insbesondere, wenn sie schon in der Planungsphase offensichtlich vergurkt werden. Durch Inkompetenz, durch Raffgier, durch Fehlentscheidungen – durch was auch immer.
Das kann Projekte in Minden betreffen – ganz klar, weil das hier meine Heimatstadt ist, mein Fokus, mein Zuhause. Aber bei Bedarf auch deutlich über Minden hinaus.
Ich freue mich jedenfalls auf eine spannende, diskussionsreiche Zeit in dieser Rubrik. Auf Meinungen, auf Argumente, auf Widerspruch. Auf Debatten, an deren Ende bessere, weil lebenswertere und auch wirtschaftlichere Immobilien-Projekte entstehen.
Leserbrief zum Artikel „Bastau macht am Deichhof Ärger“ im Mindener Tageblatt vom 17. Oktober 2018
Erschienen in der Printausgabe vom 23. Oktober 2018
Die aktuellen Probleme, die es für das Projekt „Familienhaus“ am Deichhof bei der „Gründung und Dichtung des Gebäudekomplexes“ auf Grund der geplanten Tiefgaragen gibt (inklusive der daraus jetzt resultierenden Kostensteigerungen und Zeitverluste), muss man wohl hausgemacht nennen. Denn es ist keineswegs so, dass diese Probleme nicht absehbar gewesen wären.
Als Architektin habe ich für diesen Standort seinerzeit „Das Mindener Torhaus“ als Mehrgenerationenhaus vorgestellt. Dabei hatten Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit höchste Bedeutung.
Deshalb hat unser Konzept vom Start weg auf Tiefgaragen verzichtet. Parkplätze wurden auf andere Weise ins Konzept integriert.
Grund dafür waren von Anfang an die unkalkulierbaren wirtschaftlichen Risiken, sobald man an diesem Standort in die Tiefe geht und beispielsweise Tiefgaragen anlegen will.
Das konnte jeder wissen, mindestens ahnen, der sich gründlich mit den Besonderheiten und der Historie dieses Standorts befasst hat. Schließlich befand sich hier in früheren Jahrhunderten eines der Mindener Stadttore (ein inhaltlicher Bezug, den das Projekt der Rudloff-Stiftung nicht widerspiegelt).
Das Jammern über steigende Kosten und Planverzögerungen ist deshalb wohlfeil und larmoyant. Die Verantwortung dafür liegt allein bei der Rudloff-Stiftung und deren Planern.
Astrid Engel, Architektin, Minden